Geschichten aus dem Zürcher Badealltag

Geschichte der Schweizer Bäder

Schwimmbad Allenmoos

Im Freibad Allenmoos (eröffnet 1939)

Badeangestellte Schwimmbad Allenmoos, 1949

Ein Teil der 22 fest angestellten Bade­angestellten im Schwimmbad Allenmoos im Jahre 1949. Das Personal war zuständig für die Kasse, die Lingerie, die Garderobe und den Aufsichtsdienst.
Heute arbeiten im gleichen Bad ca. fünf festangestellte Personen. (Foto freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Arnold Borer, Zürich).
Das Bild ist vergrösserbar.

1939: Gemessen an den Parkplätzen (für 220 Fahrräder und 50 Automobile)(5) müssen die meisten Badegäste zu Fuss oder mit der Strassenbahn gekommen sein. 
Das Bad wurde um 6.30 oder 7.00 schon geöffnet.(bo) Erwachsene zahlten einen Eintrittspreis von 30 Rappen, Kinder 15 Rappen, die Benützung der Bügelgarderobe kostetet zusätzlich 10 Rappen.(61) Gleich viel schluckte der Automat in den Duschen, der dafür 16 Liter heisses Wasser hergab.(5)
Bei einem Gewitter kam es an der Bügelgarderobe zu grossem Andrang, wenn die vielen Besucher ihre warmen Hüllen wieder in Besitz nehmen wollten. Vorschläge der Angestellten, die Bedienung mit Rollschuhen auszurüsten, waren nicht zuletzt egoistischer Natur.(ho)
Auch bei schlechtem Wetter gab es kaum Lücken auf dem Gras der Liegewiesen.(bo) Frequenzen von 10'000 und mehr Besuchern waren üblich, in der Nähe existierten keine weiteren Badeanlagen, und andere Freizeitaktivitäten kannte man kaum.
Das Schwimmbad war zwar grosszügig geplant, Aktivitäten solcher Menschenmassen mussten aber in geregelte Bahnen gelenkt werden. Das Freibad war deshalb nicht nur eine Stätte der Erholung, sondern auch ein wichtiger Arbeitsplatz: Das ständige Badepersonal beläuft sich auf 13 Personen (heute fünf, Anm.); an Stosstagen und übers Wochenende wurde diese Brigade sowohl im Aufsichtsdienst als auch in den Garderoben­räumlichkeiten nach Bedarf verstärkt.(4)
Bei weiter zunehmendem Publikumsandrang wurde die Zahl der Angestellten erhöht. 1949 waren es 22 Festangestellte für die Badeaufsicht, die Garderobe und die Lingerie, die zu Spitzenzeiten noch durch Studierende und andere Aushilfen ergänzt wurden. Alleine für die Kasse waren vier Personen zuständig.(bo)
Die Badeangestellten, zu denen auch damals schon Frauen gehörten, mussten mit langen Hosen arbeiten. Der "Hag Max" war von der umgänglichen Art von Chefbademeistern.(bo). Im Winter fanden seine Leute im Krematorium, im Hallenbad, in der Werkstatt des Abfuhrwesens oder als Wagenführer bei der VBZ eine Beschäftigung (heute überbrücken viele der Zürcher Badeangestellten den Winter an südlichen Stränden).

Für die Besucher galt nur beschränkt eine freie Platzwahl: Das Areal wurde aufgeteilt in Flächen für Spiele und weitere Bewegungsmöglichkeiten, für blosses Ruhen, für besondere Turn- und Spielplätze für Schulklassen.(5) Das Bad verfügte über einen abgetrennten Landkomplex, wo Frauen, die sich aus irgend einem Grunde nicht in die gemischte Abteilung begeben wollen, für sich sind."(5)
Das Rasenstück beim Eingang wurde als eigentliche Ruhe- und Liegewiese ausgezont. Dort pflegte sich die stille Gemeinschaft auf «Nussgipfel-Liegestühlen», schön geschwungenen Holzliegen, zu betten. Kindern war der Zutritt untersagt, und es musste strengste Ruhe eingehalten werden. Für Zucht und Ordnung sorgte ein uniformierter Angestellter, der - mit weisser Majoren-Uniform ausgestattet - auf der kleinen Wiese patrouillierte.(ho)
Es vergingen viele Jahre, bis allen Personen die freie Wahl des Sitz- bzw. Liegeplatzes zugestanden wurde. Die erwähnte Grünfläche wurde in den 90er Jahren «AHV-Wiese» genannt und war in der unnachgiebigen Hand der «Senioren-Mafia» (der Begriff stammte von der Rentnern selber; Anm. meinerseits)
Unter der immensen Besucherzahl litt auch die Wasserqualität. Ging jemand gedankenlos in den Badekleidern nach Hause, und bei Betriebsschluss wurden die verwaisten Textilien entdeckt, stapften die Badeangestellten Hand in Hand durch das Becken, um den durch das trübe Wasser nicht mehr sichtbaren Bassinboden nach dem vermeintlich Ertrunkenen abzutasten.(bo)

Sportliche Betätigungen unterlag leitenden Händen: ... ein ständig im Dienst stehender Turnlehrer wird den Badegästen Turnunterricht erteilen und die verschiedenen Rasenspiele überwachen.(5) Es bestand ein Turnplatz mit Anlagen für Hoch- und Weitsprung, Rundlauf(*), Schaufel und Turngeräten, ergänzt durch eine Kegel- und eine Bocciabahn.(3)
Nur etwas fehlte, um dem Bad den Status einer kleinen Stadt zu verschaffen: Eine Polizeistation gibt es im Allenmoos nicht, denn ... Badeanlagen, in denen sich sämtliche Kleider unter Verschluss befinden, werden von Badedieben gemieden.(4)

* Ein Rundlauf ein sehr selten gewordenes Spiel- und Sportgerät, bestehend aus einem hohem Mast mit drehbarem Kranz und Ketten mit Haltegriffen – eine Art Kettenkarussell mit "Fuss-Antrieb". Im Kanton Zürich gibt es das Gerät noch in den Freibädern Rickenbach und Wolfensberg. In früheren Zeiten gehörte es zur Standardausstattung eines Freibades oder Sportplatzes.(102)

Quellenverzeichnis

© Schweizer Schwimmbad-Verzeichnis